Abstract Theoretischer Hintergrund In den letzten Jahren hat sich die akademische Ausbildung darauf konzentriert, den Aufbau von Präsentationskompetenz bei Studierenden zu fördern, da diese eine Kernanforderung für einen erfolgreichen Eintritt in die Arbeitswelt bilden (Campbell, Mothersbaugh, Brammer, & Taylor, 2001). Es wird vermutet, dass Selbstwirksamkeit und lernbezogene Emotionen helfen, Präsentationskompetenz zu erwerben und beim Präsentieren eine bessere Leistung zu erzielen (van Ginkel, Gulikers, Biemans, & Mulder, 2015). Die Forschungsbelege hierzu bleiben jedoch fragmentiert. Einen integrativen Ansatz zur Analyse des Zusammenspiels von Selbstwirksamkeit und lernbezogener Emotionen, sowie zu den Auswirkungen von Selbstwirksamkeit und Emotionen auf Kompetenzerwerb und Leistung im akademischen Umfeld, bietet die Kontroll-Wert-Theorie (KWT; Pekrun, Frenzel, Goetz & Perry, 2007; Pekrun & Stephens, 2012). Aktuelle Forschung auf Basis der KWT identifizierte Langeweile als aktivitätsbezogene, deaktivierende Emotion, deren Auftreten vor allem in interaktiven Lernsituationen hohe Relevanz für kompetenzorientierte Lernprozesse und die Leistung von Studierenden besitzt (z.B. Pekrun & Stephens, 2012; Kögler & Göllner, 2018). Vorhandene Studien berichteten zum einen negative Assoziationen von Langeweile mit akademischer Leistung (u.a. Goetz, Pekrun, Hall & Haag, 2006; Pekrun, Goetz, Frenzel, Barchfeld & Perry, 2011). Weitere Untersuchungen zeigten zum anderen negative Zusammenhänge zwischen den Konstrukten Langeweile und Selbstwirksamkeit, wobei beide Konstrukte antagonistische Effekte auf das selbstregulierte Lernen und somit den Kompetenzaufbau hatten (u.a. Pekrun et al., 2011). Ziel der Studie Um dem Mangel an Forschung zu den Prädiktoren von Kompetenzentwicklung und -leistung beim Präsentieren entgegenzuwirken, untersuchte die vorliegende Studie im Kontext eines viermonatigen Präsentationstrainings für Studierende, inwiefern Selbstwirksamkeit sowie die Intensität und Veränderung von lernbezogener Langeweile mit dem Zuwachs berichteter Präsentationskompetenz und der Präsentationsleistung zusammenhängen. Methode 158 Studierende (MAlter = 24,40, SD = 4,04; 61% Frauen) nahmen an einem viermonatigen Seminar zum Aufbau von Präsentationskompetenzen teil. Das Seminar fand in wöchentlichen Sitzungen statt, wobei die Studierenden in 8 Gruppen zu je 20 Studierende aufgeteilt waren. Es wurde eine Längsschnittstudie mit vier Messzeitpunkten realisiert. Hierbei wurde Selbstwirksamkeit zu Kursbeginn (t1) sowie Kompetenzzuwachs und Langeweile dreimal im Laufe der Zeit (t2 = nach Kurseinführung; t3 = zur Hälfte des Kurses; t4 = bei einer praktischen Präsentationsprüfung nach Kursende) erhoben. Alle drei Konstrukte wurden mittels Selbstbericht mit folgenden Instrumenten erfasst: Selbstwirksamkeit beim Präsentieren mit der gleichnamigen Skala (Ringeisen, Bürgermeister, Rohrmann & Tibubos, 2019), Kompetenzzuwachs beim Präsentieren mit der betreffenden Subskala des „Berliner Evaluationsinstruments für selbsteingeschätzte, studentische Kompetenzen“ (BEvaKomp; Braun, Gusy, Leidner & Hannover, 2008) und Langeweile mit der betreffenden Subskala des „Achievement Emotions Questionnaire“ (Pekrun et al., 2011). Mittels eines standardisierten Bewertungsbogens mit Verhaltensankern bewerteten zwei Dozenten unabhängig voneinander die Leistung der Studierenden während der praktischen Präsentationsprüfung zu t4. Die Daten wurden mit Hilfe von latenten Wachstumsmodellen mit MPlus analysiert. Ergebnisse Im Sinne einer linearen Veränderung vergrößerte sich der Zuwachs an Präsentationskompetenz im Laufe der Zeit, während die Langeweile sich verringerte. Zudem war höher ausgeprägte Langeweile zum Zeitpunkt t2 mit einer kleineren Kompetenzsteigerung zu t2 und mit einem stärkeren Rückgang der Langeweile im Kursverlauf verbunden, was wiederum mit einem größeren Kompetenzzuwachs assoziiert war. Im Sinne eines Deckeneffekts sagte eine höhere Selbstwirksamkeit zu Beginn des Kurses einen geringeren Kompetenzzuwachs bei t2 vorher. Diese wiederum hing mit einem geringeren Rückgang der Langeweile im Laufe der Zeit zusammen. Eine bessere Präsentationsleistung zu t4 wurde durch höhere Selbstwirksamkeit, geringere Langeweile zu t2, einen stärkeren Rückgang der Langeweile im Kursverlauf sowie einen höheren Kompetenzzuwachs bei t2 prognostiziert. Fazit Die Studie zeigt, dass Langeweile eine entscheidende Rolle im Kontext von akademischer Bildung spielt: Die Ergebnisse deuten auf Wechselwirkungen zwischen der Intensität und den Veränderungsverläufen von Langeweile und Kompetenzzuwachs hin. Ein geringeres Ausgangsniveau an Langeweile und/oder ein Rückgang der Langeweile während eines viermonatigen Seminars tragen zum Aufbau von Präsentationskompetenzen bei und verbessern die Präsentationsleistung von Studierenden.
*Dieser Beitrag wurde im Rahmen des digitalen Jahres der Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung (digiGEBF21) eingereicht und ist bis zum 31.12.2022 an dieser Stelle verfügbar. Alle Rechte liegen bei den Verfasser*innen.