Welche Bedeutung hat der Einsatz digitaler Medien für die wahrgenommene Veränderung des beruflichen Handelns? Der vermittelnde Effekt von Qualitätsmerkmalen in Online-Fortbildungen.*

Autor*innen: André Meyer, Juliane Kowalski, Marc Kleinknecht & Dirk Richter

 

Abstract

Theoretischer Hintergrund
In Anbetracht der COVID-19-Pandemie wurden im Schuljahr 2020/21 Präsenz-Fortbildungen für Lehrkräfte aufgrund umfassender Kontaktbeschränkungen vermehrt in Form von Online-Fortbildungen durchgeführt. Unklar ist bislang, welche Merkmale das ad-hoc gestaltete Online-Angebot aufweist und wie es dazu beiträgt, das berufliche Handeln von Lehrkräften weiterzuentwickeln.
Bisherige Untersuchungen von Präsenz-Fortbildungen konnten zeigen, dass sich qualitativ hochwertige Veranstaltungen u.a. durch einen hohen Bezug zur beruflichen Praxis, eine klare Strukturierung und der kognitiven Aktivierung der Teilnehmenden auszeichnen (Darling-Hammond, Hyler & Gardner, 2017; Lipowsky & Rzejak, 2018). Untersuchungen von Online-Fortbildungen für Lehrkräfte geben Hinweise darauf, dass sich viele dieser Merkmale auch auf Online-Angebote übertragen lassen (z.B. Relevanz der Inhalte, Bezug zur beruf-lichen Praxis, Zusammenarbeit; Lipowsky & Rzejak, 2021; Powell & Bodur, 2019). Insgesamt scheinen keine systematischen Unterschiede in der Wirksamkeit zwischen Präsenz- und Online-Angeboten zu existieren (Fishman et al., 2013; Gunter & Reeves, 2017; Hübner, Fischer, Fishman, Lawrenz & Eisenkraft, 2021). Dies bringt uns zu der Annahme, dass es unabhängig vom durchgeführten Kontext insbesondere inhaltliche und strukturelle Merkmale von Fortbildungsveranstaltungen sind, die beeinflussen, wie gut Lehrkräfte im Rahmen von Online-Fortbildungen lernen.
Großangelegte Befragungen in Deutschland konnten zeigen, dass nur wenige Lehrkräfte in den vergangenen Jahren an Fortbildungen mit direktem inhaltlichen Bezug zur Nutzung digitaler Medien für die berufliche Praxis teilnahmen (Gerick, Eickelmann & Labusch, 2019; Kammerl, Lorenz & Endberg, 2016). Durch die COVID-19-bedingte vermehrte Bereitstellung von Online-Fortbildungen ist jedoch davon auszugehen, dass Lehrkräfte nicht länger ausschließlich über digitale Medien lernen, sondern vermehrt durch die direkte Nutzung digitaler Anwendungen das Wissen im Umgang mit digitalen Medien weiterentwickeln (Lipowsky & Rzejak, 2021). Aus diesem Grund greift der vorliegende Beitrag die Frage auf, in welchem Ausmaß verschiedene digitale Medien im Rahmen von Online-Fortbildungen eingesetzt werden und inwiefern der Einsatz dieser Medien mit Qualitätsmerkmalen von Fortbildungen einerseits und dem beruflichen Handeln von Lehrkräften andererseits einhergeht.

Methode
Die Datengrundlage der vorliegenden Untersuchung bildet eine online-basierte schriftliche Befragung von N = 257 Lehrkräften aus Brandenburg, die etwa vier bis sechs Wochen vor der Befragung eine Online-Fortbildung besucht hatten. Die Teilnehmenden wurden gebeten, Angaben zur Verwendung digitaler Anwendungen (5 Items, dichotom, z.B. Verwendung von Präsentationen, Videos, Feedbacksysteme), zur kognitiven Aktivierung (3 Items, α = .72) und Strukturierung der Veranstaltung zu machen (4 Items, α = .87). Als abhängige Variable wurden die Teilnehmenden danach befragt, inwiefern das in der Online-Fortbildung Gelernte dazu beigetragen hat, ihre berufliche Praxis zu verändern (4 Items, α = .83).
Im Zuge der Analysen wurde für das Merkmal Verwendung digitaler Anwendungen ein Summenscore gebildet, der in einem Mediationsmodell die wahrgenommene Veränderung des beruflichen Handelns vorhersagt. In je einem eigens berechneten Strukturgleichungsmodell wurden die Merkmale kognitive Aktivierung und Strukturierung als Mediatorvariablen aufgenommen (Baron & Kenny, 1986; Rucker, Preacher, Tormala & Petty, 2011). Sowohl die Mediatorvariablen als auch die abhängige Variable wurden mithilfe der Software Mplus 8.2 latent modelliert.

Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigen, dass in den besuchten Online-Fortbildungen ganz unterschiedliche Medien zum Einsatz kamen. Als Indikator der Vielfalt der eingesetzten Medien wurde die Summe der in der Fortbildung verwendeten digitalen Medien ermittelt und in den Strukturgleichungsmodellen verwendet. Die Ergebnisse zeigen, dass die Anzahl der verwendeten Medien positiv mit den Qualitätsmerkmalen der Fortbildung (kognitive Aktivierung und Strukturierung) zusammenhängt. Die Qualitätsmerkmale weisen wiederum einen positiven Zusammenhang mit der wahrgenommenen Veränderung des beruflichen Handelns auf. Somit lässt sich ein indirekter Zusammenhang zwischen der Anzahl der ein-gesetzten Medien und der Veränderung des beruflichen Handelns ermitteln. Ein direkter Zusammenhang zwischen der Zahl der Medien und der Änderung des beruflichen Handelns war im Mediationsmodell nicht nachweisbar.

Der vorliegende Beitrag liefert erstmalig Ergebnisse für den deutschsprachigen Raum zum Zusammenhang zwischen der Art des Medieneinsatzes, ausgewählten Qualitätsmerkmalen und der wahrgenommenen Änderung des beruflichen Handelns im Anschluss an Online-Fortbildungen. Trotz des querschnittlichen Charakters der Untersuchung deutet die Untersuchung darauf hin, dass ein vielfältiger Medieneinsatz und ausgewählte Qualitätsmerkmale miteinander in Beziehung stehen und dass letztere bedeutsam für die Wirksamkeit von Online-Fortbildungen zu sein scheinen.

 

*Dieser Beitrag wurde im Rahmen des digitalen Jahres der Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung (digiGEBF21) eingereicht und ist bis zum 31.12.2022 an dieser Stelle verfügbar. Alle Rechte liegen bei den Verfasser*innen.